|       | Das Thema des Main-Reim-Lyrikwettbewerbs war "Alles im Fluss am Main".  Wir waren wieder begeistert von der Vielzahl und Qualität der Beiträge. Insgesamt haben uns 174 Gedichte aus 6 Ländern erreicht. Vielen Dank für die Mühe und kreative Inspiration an alle Teilnehmer.
 Aber natürlich gilt (leider) auch hier: Es kann nicht jeder gewinnen. Auf der 3. Aschaffenburger Buchmesse im Schloss wurden die Gewinner bekannt gegeben und durch Oberbürgermeister Klaus Herzog geehrt. Im folgenden die TOP 10 der diesjährigen Wettbewerbs mit ihren Werken.  Wir sagen herzlichen Glückwunsch: 
  
    | 1. Platz: | Helene Beuchert |  
    | Titel: | Zusammen fließen |  
    |  | Wir entgluckern weiß und rot  fallen betört ineinander
 gurgeln rosa 
      Seifenblasen
 erwühlen ein Himmelsbett
 
 Wir reißen befreiend mit
 durchfressen buntsandige Felsen
 ziehen 
        Spitzkehren und Bogen
 erobern rauschend  die Lande
 
 Wir fließen von überall zu
 genießen die schäumende Kraft
 befruchten darbende Auen
 ergießen in fremde  Betten
 
 Wir laden beständig aus
 ertragen beharrlich Lasten
 plätschern träge die 
    Tage
 erlösen in Meeresarmen
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    | 2. Platz: | Steffi Kammermeier |  
    | Titel: | Sie  sagt |  
    |  | - 1 -Sie  sagt, es tät gut, spazieren zu gehen.
 Den  Wind, das Gras, die Bäume zu sehen.
 Das  Wasser am Main, die Promenade anbei.
 Die  Brücke von „Kitzi“, der Möwen Schrei.
 Alte Häuser, schmal, sagt  sie, hoch entrückt,
 so ziehts mich ins Mittelalter zurück.
 
 So  schön sei die Promenade gemacht!
 Und  sie seh‘ Menschen! Sagt sie, und lacht.
 Ich  seh‘ wie sie sitzen, sie spielen und laufen,
 Momente  am Main, die kann man nicht kaufen.
 Das sei so  erfrischend und, ach, so lebendig,
 und halte das Hirn so wach und so wendig.
 Sie  wirkt gepflegt, diese alte Frau,
 voll Schwung und voll Kraft, gar nicht  grau.
 
 Ihr Leitspruch sei  immer und für jeden Tag -
 erzählt sie mir freundlich, als ich sie frag.
 Fang nie an  aufzuhören, sagt sie ganz feste,
 hör nie auf anzufangen, das sei idas Beste.
 Jeden Tag, sagt sie,  käm sie her an den Main
 freut sich an Blumen, an Schiffen, am Sein.
 Dem Fluss, sagt sie, sei sie  verbunden,
 doch was sie erinnert, ist längst entschwunden.
 
 Der Fluss ihrer  Jugend, in der sie erblüht,
 gluckst träg nebenan, er wirkt leer und trüb.
 Ein  Schiff mit Containern zieht dröhnend vorbei,
 Ein  Dampfer Touristen, Kindergeschrei.
 Schau,  ist er nicht schön, dieser Main?
 Sagt  sie, und starrt in die Tiefe hinein.
 Ihr  Frohsinn klingt rauh, Trauer schwingt sacht.
 Wäs  ihre Stimmung wohl kippen gemacht?
 Jetzt  klingts nach Parole, gelernt wie ein Spruch.
 Hält  sie Weisheiten fest wie ein Buch,
 Als  sei sie noch immer die alte geblieben,
 Allein,  ich spür's, das Glück klingt getrieben.
 Ach,  seufzt sie dann, klamm öffnet ihr Herz.
 Dass  sie dort hingeht, sei nur aus Schmerz.
 Im  Grund, sagt sie, hält sie‘s nicht aus.
 Allein, in ihrem Kitzinger Haus.
 
 - 2 -
 Dort starrt sie auf‘s  Bild vom verstorbenen Mann,
 Grüßt ihn, fragt ihn ratlos, schreit sie ihn  an.
 Zetert, weil er  einfach so ging, sie verließ
 Sie allein ließ, wie im tiefen Verlies.
 Warum, nur, warum  nur, sagt sie und weint,
 wir waren doch sechzig Jahre vereint!
 Fast  wütend klingt, was sie sagt,
 und ich kann  verstehen, dass sie so klagt.
 
 Nun  gut, sagt sie plötzlich, reißt sich zusammen,
 Was  soll ich ewig immer nur jammern?
 Der Tumor im Kopf ist  langsam, fast steht er still.
 Schwindel und Schmerz? - Ich weiß, was ich will,  s
 agt sie dann, nimmt ihren Mantel, lässt diesen Ort,
 bricht aus vom Gefängnis,  nur schnell weit fort.
 Zurück an den Platz, sagt sie, es sie stets triebe,
 zum  Main, einst ihr Tor zu Freiheit und Liebe.
 
 Sie  geht mir davon, flussauf und flussab.
 Ihr  Blick sucht, als sei dort ihr Grab.
 Dann  bleibt sie stehen und dreht sich zu mir.
 Ich  sehe ihr Alter, den Tod nah bei ihr.
 Ich  glaub nicht, dass wir einst wieder geboren.
 Mit dem Tod ist  Schönheit auf immer verloren,
 sagt sie und dreht sich zum Fluss,
 sie weiß  längst, dass sie gehen muss.
 
 Ich  seh ihr Haar, den Mund, seh erloschenes Licht.
 Ihre Erinnerungen,  ihr Glück, ihren Kummer, die seh ich nicht.
 Sie sagt noch, vorm Sterben sei ihr  nicht bang.
 Angst  hat sie nur, dass es aufzehrt zu lang.
 Indes,  sagt sie, was red ich denn da?
 Ich  bin doch längst tot, bin gar nicht mehr da.
 Der  Tod hat entrissen mir alles was lieb.
 Von allen, sagt sie bitter, ist er - Er  - der schlimmste Dieb.
 
 Dann  weint sie stumm, sagt nichts.
 In  den Wellen des Mains spiegelt das Licht.
 Ihre Tränen benetzen  tonlos den Main Freundlich und kosend nimmt er sie in den Schrein.
 Tröstet  und murmelt, nimmt all ihren Schmerz.
 Und  ich ahne, er nimmt auch mit ihr Herz.
 Ich  gehe, lass sie alleine.
 Freiheit ist das, wie ich meine.
 Ich  ahne: wie ihre Tränen am Main,
 wird auch sie bald darin verschwunden sein.
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    | 3. Platz: | Christine Hidringer |  
    |  | Main Gesicht |  
    | Titel: | Stillliegt bisweilen
 mein  Gesicht
 auf dir
 zittert nur leis
 zwischen anderen
 Eitelkeiten
 unberührt von
 deinem Drängen
 nach Bewegung
 Veränderung hin zur Vereinigung.
 Zerrissen
 schlingert
 zu anderen Zeiten
 mein Antlitz
 im Gewoge
 von Unrast und  Übermaß
 eines meiner Augen taumelt
 inmitten von  Geflimmer
 während das andere
 gerade ertrinkt
 und der Schrei
 aus weit aufgezogenem  Mund
 sinkt zu Grunde.
 Das  eine oder andere Mal
 erkenne
 ich mich
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    | Platz 4: | Kerstin Lingemann |  
    | Titel: | Überfahrt |  
    |  | Es war einmal ein Stück Papier das hatt' ein mächtig großes Ziel: den Main
 besuchen dort verweilen
 wollt' es seine Sehnsucht heilen.
 
 "Wie geht der Weg?
 Wie komm ich hin?
 Wenn ich mich leg bleib ich bloß liegen
 wenn ich mich reg nimmt mich der Wind."
 
 So waren sein Gedanken festgefahrn
 in Geistes Schranken doch bei
 Sonnenuntergang am See kam ihm die
 rettende Idee.
 
 Es dehnt' sich aus verändert' sein Gestalt
 zwei Knicke hier zwei Falze dort
 als Schiffchen fuhr es fort.
 
 Es zwang sich durch die kleinste Öffnung
 und fand sogleich den Weg.
 Schon fast am Ziel hat es gedacht doch alle
 Welt hat bloß gelacht verschwunden alle
 Hoffnung die Nidda war im Weg.
 
 Nach reichlich Tagen Trübsinn blasen
 schipperte ein Holz vorbei und bot ihm an,
 darauf zu rasten bis es wieder trocken sei.
 
 Von der Sonne ausgebleicht doch voller
 Energie hat es sich wieder eingeweicht und
 sagt' dem Holz Ade.
 
 Musste es doch weiterziehen mit der Nidda
 in den Süden es wusste nicht, wo geht es
 hin sein Bäuchlein sollt' es nicht belügen.
 
 Der Main war so weit weg am andern Ende
 von der Welt doch sein Ziel war ihm sein
 Speck selbst als die Nidda schnellt.
 
 Später dann im seicht Gewässer fuhr es
 schneller, fuhr es besser dann konnte es
 schon sehn den Main sagt' Nidda brav Auf
 Wiedersehn!
 
 Endlich war es angekommen am Strom,
 dem Flusse aller Flüsse da hat es sich die
 Zeit genommen welch starke Emotion am
 Schlusse die Genüsse zu wahren in
 Erinnerung.
 
 Es wollte bleiben in dem Main dem Traum
 dem großen Ziel doch andre Pläne
 hatt' der Main
 floss einfach in den Rhein.
 
 Da hat's Papier sofort erkannt: Das Leben ist ein
 Fluss wenn Du mit ihm fließen kannst gibt es dir
 einen Kuss.
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    | Platz 5: | Bastian Kienitz |  
    | Titel: | Unten am Main |  
    |  | Und unten am Main ging sie leicht und die Tage gleich unter die Hautspitzen, Ufergestade umspülten die Füße, ihr Haar es war nass und floss mit den Wellen
 den Flusslauf hinab
 
 aus dem sie gerade entstieg und dann legte sich Luft auf das Kleid, das sie
 seltsam bewegte, ein Seufzer, vielleicht, übervoll der Natur und unten am Wasser
 gemalte Lichtspur
 
 vom Blau, das so etwas wie Himmel nachzeichnet und kaum auf der Haut ihre
 Schenkel lang gleitet, fast so wie das Ziehen des Stromes im Wind,
 Gedanken weit fort mit der Strömung mitnimmt.
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    | Platz 6: | Jürgen Lorenzen |  
    | Titel: | Der Schuss am Fluss / eine romatische Mordballade |  
    |  | 1Die Wellen wogten auf und nieder,
 Es war im milden Mai am Main,
 Am Ufer blühte weiß der Flieder,
 Ein Angler saß im Mondenschein.
 
 2
 Es zirpte zart die Maulwurfsgrille,
 Vier Lippen knutschten einen Kuss,
 Da knallte durch die Abendstille
 Sehr schrill ein mörderischer Schuss!
 
 3
 Zwei Herzen fingen an zu bluten,
 Das Liebespaar fiel rücklings um
 Und stürzte in die sanften Fluten;
 Der Angler sah's, doch blieb er stumm.
 
 4
 Der Gatte war's der Treuelosen,
 Der sie auf frischer Tat erwischt'
 Mit einem scharfen Südfranzosen,
 Als er im Fluss nach Barschen fischt'.
 
 5
 Schon länger lag er auf der Lauer,
 Weil ihn die Eifersucht zerfraß,
 Indessen sie auf lange Dauer
 Vergaß, wo er beim Fischen saß.
 
 6
 So rächte sich des Weibes Kälte,
 Zu trist war ihr der Angelsport,
 Weshalb er ein Gewehr bestellte
 Für einen wasserdichten Mord.
 
 7
 Das Liebespaar trieb eng verbunden
 Den Main hinab und in den Rhein,
 Die Leichen wurden nie gefunden -
 Ein Angler sitzt im Mondenschein!
 
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    | Platz 7: Sonderpreis
 | Claudia Kohlus (die graphische Version des Werkes finden Sie hier.) |  
    | Titel: | Main Mää |  
    |  | Ein schwerer Weg Längst vorgezeichnet schon der deine
 Weil einst dein Liebster hier verschied
 
 Trockne die Tränen, nimm die Beine
 Weil eh nichts weilt -
 Und weiterzieht
 
 Er sprudelt, spricht
 In allen Dialekten
 Er trägt ein Mää dir an dein Ohr
 
 Er gluckert sanft
 Lockt dich ins Wasser
 Siehst du den Ritter? Siehst du den Tor?
 
 Nein, nur den Rittersporn
 Kannst du erkennen
 Im Dickicht wacht er übers Blau
 
 Magst diesen Flecken
 Trostplatz nennen
 Und wirst an seinem Ufer grau
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    | Platz 8: | Ulrike Paschek |  
    | Titel: | Augenblick am Fluss |  
    |  | Zwei Ufer, durch den Fluss verbunden.
 In der Trübe des Schilfes
 treibt das Gesicht einer Frau
 Von der Strömung belebt
 vor dem Dunkel der Tiefe
 irgendwo zwischen Quelle und Meer.
 Ich will es mittragen lassen vom Main,
 doch es blickt mir in die Augen:
 An welches Ufer willst du?
 fragt es
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    | Platz 9: | Andreas Hutt |  
    | Titel: | Gehen im Frost |  
    |  | Der Tag beginnt mit Winter: Atem, verzögert & verflachte Affekte am Main,
 
 während wir Standpunkte
 in Graden von Kälte ermitteln,
 
 Dinge ihre Anstöße erhalten: Kaffee, Croissants,
 Musik in unterschwelliger Lautstärke.
 
 Stunden wie ein Arm, der sich langsam ausstreckt
 in Richtung Ufer, das Bewusstsein
 
 von Stadt mit jeder Bewegung,
 & wir, im Wintergefühl, zirkulieren in Frankfurt,
 
 transzendieren in die Skyline,
 indes neben uns die Gegenpole
 
 Gegenpol bleiben: Porsche, Audi Coupé,
 betrachten wir die Ruhe im Fluss.
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    | Platz 10: | Andrea Lydia Stenzel |  
    | Titel: | frei Verse - gerbermühle 1815 |  
    |  | dort wo der fluss den rücken krümmt hat mir mein dichter einst ein blatt
 vom ginkobaum zum abschied
 mit stummer geste überreicht
 ein grünes blatt für karge tage
 eh er sich aus dem staub gemacht
 
 in seiner tasche trug er meine
 gedichte die er später dann
 so schamlos seinen eignen werken
 hat einverleibt als wär die liebe
 schon lohn genug für mich als frau
 mein schreiben nur ein dienst am mann
 
 am abend wusch der main das salz
 von meinen wangen leckte mir
 die augen sauber könnte ich
 ich würde mich ihm anvermählen
 von seinen wasserarmen mich
 umarmen lassen küsse tauschen
 
 sein wasserzauber gäb mir freiheit
 viel mehr als mir mein dichter gab
 ich würde welle schäumte auf
 und trät wo nötig übers ufer
 und würd von fluss zu fluss mich werfend
 bald in das meer gemündet sein
 
 als meerfrau schreib ich freie verse
 die korrekturen liest mein fluss
 
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